Warum reist man für eine Woche aus dem winterlichen Oldenburger Münsterland ins sommerliche Kapstadt, Südafrika?
Es gibt sicherlich viele gute Gründe aber uns interessierten diesmal vor allem die Projekte des Freundeskreises Wakkerstroom e. V.
Auf Initiative meines Lions-Freundes Dr. Clemens Schwerdtfeger haben wir uns Ende Februar 2019 auf den Weg gemacht, um uns vor Ort ein Bild davon zu machen, was auch mit starker Unterstützung aus unserer Region in und um Kapstadt ins Leben gerufen werden konnte.
In einer dreiteiligen Blog-Serie werde ich Euch berichten über
- meine Erwartungen, die ich mit der Reise verbunden habe und wie ich zum Opfer meiner Vorurteile wurde
- über unsere Besuche in den Townships rund um Kapstadt und welchen tollen Menschen wir dort begegnet sind
- über die Wunder-Schule, eine Berufsbildungsprojekt im ländlichen Robertson, von dem wir in Deutschland einiges lernen können.
Aber was ist das Wakkerstroom-Projekt überhaupt?
Der Freundeskreis Wakkerstroom e.V. hat vor einigen Jahres ein Bildungsprojekt in der Nähe von Kapstadt ins Leben gerufen und fördert dort seither begabte, überwiegend farbige Jugendliche aus sozial-schwachen Familien.
Erstmals bin ich vor ca. vier Jahren mit dem Projekt in Berührung gekommen.
Seinerzeit kam mein Kreishandwerksmeister Günther Tönjes auf mich zu und bat mich, ein Gesprächstermin mit Albert Schott zu vereinbaren. Dieser sei auf Ihn zugekommen und wolle von einem Bildungsprojekt in Südafrika berichten.
Man plane dort die Errichtung eines Berufsbildungszentrums und würde sich freuen, wenn das Cloppenburger Handwerk z. B. durch Spenden ausgemusterte Werkzeuge, Geräte und Maschinen helfen könne.
Nach einem ersten Treffen und einigen weiteren E-Mails haben wir damals entschieden, das die Kreishandwerkerschaft insbesondere Handwerkzeuge spendet. Darüber hinaus haben wir unsere Mitgliedsbetriebe angeschrieben und aufgefordert ebenfalls mit Sachspenden aktiv zu werden.
Und obwohl ich seitdem z. B. über den Newsletter des Freundeskreises regelmäßig über das Projekt informiert werde, habe ich mich nie wirklich erkundigt, was aus unserer Spende und der Idee des Berufsbildungszentrum konkret geworden ist.
Eine gemeinsame Reise nach Südafrika
Umso erfreuter war ich, als Clemens dann Ende 2018 mit der Idee einer gemeinsamen Reise nach Kapstadt auf mich zukam. Nach kurzer Rücksprache mit meiner Frau Susanne stand dann auch fest, dass wir nach Südafrika fliegen.
Und schneller als erwartet, ging es dann los. An einem frühlingshaften Samstag im Februar 2019 haben wir uns mit vier Paaren auf den langen Weg gemacht. Von Cloppenburg über Bremen nach München und dann weiter nach Kapstadt.
Auf dem Programm: neben dem Besuch am Kap der Guten Hoffnung, einer Sightseeingtour durch Kapstadt, einer Fahrt in die Weinanbaugebiete und Stippvisiten in verschiedenen anderen Orten auch der Besuch bei Bildungsprojekten, die der Freundeskreis Wakkerstrom unterstützt.
Mit welchen Erwartungen bin ich losgefahren?
Mir war klar, dass das Bildungssystem in Südafrika nicht mit zentraleuropäischen Maßstäben verglichen werden kann. Am ehesten erwartete ich noch ein angelsächsisches geprägtes System, dass über eine Grundschule (primary school), eine Art Gesamtschule (Highschool) und sich daran anschließende Hochschulen (colleges bzw. university) definiert. Ein ausgesprochenes Berufsbildungssystem oder gar ein duales Ausbildungssystem erwartete ich nicht.
Darüber hinaus ging ich davon aus, dass ich ein System erleben werde, dass durch hochklassige Privatschulen und eher schlecht aufgestellte staatliche Bildungsinstitutionen geprägt wird. Innerhalb dieses Systems würden sich gesellschaftliche Trennlinien zeigen. Hier erwartete ich vor allem eine Trennung von Land- und Stadtbevölkerung sowie von schwarzer und weißer Bevölkerung.
Bei den geplanten Begegnungen mit den Südafrikanern erwartete ich vor allem große Freundlichkeit und viel Neugier. Sicherlich auch eine gehörige Portion Skepsis gegenüber den gut situierten Weißen und ihren Absichten. Gespannt war ich insofern vor allem auf meine Wahrnehmung der sozialen Unterschiede, auf das, was wir in den Townships und im Kontakt zu den Capetowniens hören und erleben würden.
Unsere Zeit in und um Kapstadt
Die Ankunft in Kapstadt war vielversprechend. Eine saubere Landung, tolles Wetter, keine Probleme am Zoll und auf der kurzen Fahrt zu unserer ersten Unterkunft.
Hier begegneten wir Denise und ihrer Tochter Maya, die das BnB Southern Comfort betreiben. Denise erzählte uns etwas über die Entwicklung des modernen Kapstadts und auch über seine Geschichte. Wie vielfältig Kapstadt sei, dass es Probleme mit dem Zuzug vieler Schwarzafrikaner von außerhalb Südafrikas gäbe, die man aber langsam in den Griff bekäme.
Parallelen zur aktuellen Flüchtlingsdebatte in Europa lagen mir da nahe. Aber den moralischen Blick auf die südafrikanische Vergangenheit konnte ich mir in meinen Gedanken dennoch nicht verkneifen. Zu Recht? Ich war und bin mir alles andere als sicher. Ich war gespannt, wie ich da in den nächsten Tagen drauf sein und was ich auch in der Hinsicht noch für Erfahrungen machen würde.
Surfen und Vorurteile
Nachmittags machten wir uns mit dem Auto auf den Weg zum Kap der Guten Hoffnung. Durch Kapstadt entlang der Pazifikküste immer der Küstenstraße folgend. Traumhafte Landschaften, malerische Orte, eine fast kalifornische Atmosphäre.
Am Muizenberg Beach erlebte ich wieder einmal, wie vorurteilsbehaftet meine Wahrnehmung ist: Als der selbsternannte Parkeinweiser am Beach von uns sein Geld erhalten hatte und uns nochmals ansprach, dachte ich: „Klar, ist nicht zufrieden mit dem Trinkgeld. Typisch Tourinepp.“
Nach kurzem Hinhören wurde deutlich: Da wir anscheinend deutlich mehr als den normalen Kurs gezahlt hatten, wollte er uns Wechselgeld rausgeben, hatte aber offensichtlich keinen passenden Geldschein am Mann.
Kurze Zeit später bestellten wir zwei Burger und Süßkartoffelpommes im Imbiss Easy Tiger, direkt an der Promenade. Wir wollten das Essen mitnehmen und am Strand die Sonne genießen. Einige unserer Freunde wollten lieber im Lokal essen. Nach kurzer Wartezeit nahmen wir eine braune Papiertüte mit unserem Imbiss entgegen und verließen den Imbiss.
Am Strand stellten wir fest, dass die Pommes fehlen. Mein erster Gedanke: „Das war Absicht, das Geld hat der Wirt sich schon eingesteckt.“
Kaum gedacht, kam mein Freund und drückt mit die Tüte mit den frittierten Kartoffeln in die Hand. „Der Imbiss-Typ wollte noch hinter euch her, als er bemerkte, dass er die Pommes nicht eingepackt hat. Aber ich habe ihm gesagt, dass ich die mitnehme. Bitte schön.“
Schon wieder reingefallen, ein Opfer meiner Vorurteile. Hoffentlich würde das nicht das Motto meiner Zeit in Südafrika!
Michael Hoffschroer
Bildergalerie
Den restlichen Tag verbrachten wir mit Touri-Sachen: Besuch am Kap der Guten Hoffnung, Ausblick vom Tafelberg und Signal Hill genießen, Essen gehen an der Waterfront.
Und am nächsten Tag sollte es dann Ernst werden: Besuch in einigen Townships, Besichtigung einiger Projekte dort, zu denen wir aus unsere Gruppe persönliche Kontakte haben. Ich war sehr gespannt, was wir dort sehen würden. Angst um unsere Sicherheit hatte ich trotz oder ggf. sogar wegen der Erlebnisse am Morgen nicht.
Fortsetzung folgt…
Was wir n den Townships erleben durften, was die drei größten Herausforderungen sind, vor denen Südafrika steht und welchen tollen Menschen wir in Khayelitsha, 7 De Laan und Langa begegnet sind, erfahrt ihr im nächsten Blog-Beitrag auf diesem Kanal.
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Sehr spannend, Du scheinst alles gespeichert zu haben. Einfach genial