Erfahre, warum auch ich mich angesichts der aktuellen Krise nach Normalität und Freiheit, nach „Licht am Ende des Tunnels“ sehne. Und welche Gefühle mich ansonsten durch die letzten Wochen der Corona-Pandemie begleiten.
Heute schreibe ich nach knapp einem Jahr wieder zu einem Thema, das unser aller Leben aktuell dominiert, das sich aber genau deshalb regelmäßig nicht für einen populären Blog-Beitrag in meiner Zielgruppe eignen dürfte. Viel zu kontrovers, viel zu politisch. Aber genau deshalb widme ich mich diesem Thema: Der Corona-Pandemie und der Debatte über den Umgang damit.
Nachdem ich im April 2020 unter dem Titel „CORONA – UND PLÖTZLICH IST ALLES ANDERS!“ und dann nochmal im Mai 2020 zum Thema „CORONA ALS KATALYSATOR FÜR DEN WERT VON ARBEIT“ meine Meinung zu dem Thema geäußert habe, lade ich Dich in diesem Beitrag auf eine kleine Reise durch meine Gefühlswelt ein, verbunden mit dem Wunsch, dass wir zusammen ein kleines Licht am Ende des Tunnels sehen werden.
Verwirrung
Auch persönlich merke ich, wie dieser beinahe fließende Übergang von 2. zur 3. Welle mich an meine psychischen Grenzen bringt. Nach mehr als 12 Monaten bundesweiter Einschränkungen und gut 6 Monaten mit sehr hohen Fallzahlen in unserem Landkreis Cloppenburg mit den entsprechend restriktiven Maßnahmen, sehne ich mich – wie wohl viele von uns – nach so etwas wie Normalität.
Lange habe ich – auch vor meinem beruflichen Hintergrund – gerade zum Ende der 2. Welle für Lockerungen gestritten, habe wissenschaftliche Mahnungen nicht ernst genug nehmen wollen.
„Es wird schon gut gehen. Zumal die wirtschaftlichen Belastungen auch ein extremes Maß angenommen haben, betriebliche Existenzen akut gefährdet sind. Die Hygiene- und Schutzkonzepte greifen ja auch und mit den anlaufenden Impfungen wird alles beherrschbar“
so meine Position bis ca. Ende Februar 2021.
Fassungslosigkeit
Die Zeit seitdem erlebe ich als eine der bittersten Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft. Nicht nur, dass fast alle meine Hoffnungen ein jähes Ende fanden (ausbleibende Hilfszahlungen, mutierende Viren, stotternde Impfstofflieferungen, Uneinigkeiten in der politischen Führung, Anlaufen der 3. Welle). Nein, vor allem wissenschaftsleugnende Egomanen – wenn auch in relativ kleiner Zahl – schaffen es, meine Wahrnehmung vom Krisenmanagement unserer Gesellschaft zu bestimmen.
Zunächst motiviert mich dieser „Gegenwind“ meine Argumentation zu schärfen und vor allem in den sozialen Netzwerken dagegen zu halten. Doch allzu schnell glitten die Dinge ins Abstruse ab. Es gibt sie wirklich, die Weltverschwörungstheorektiker, die Coronaskeptiker, die Wissenschaftsleugner, die Egomanen, die auf alles eine Antwort haben, es besser wissen als alle anderen und dennoch jede Form der Verantwortung ablehnen. Querdenker im allerschlechtesten Sinne des Wortes. Zunächst tat ich deren Geschwurbel als lächerlich ab, irgendwann machte es mich wütend, bevor es mich lange Zeit ratlos, desillusioniert und demotiviert zurückließ.
Wissensdurst
Inzwischen habe ich mich mit den Hintergründen dieses gesellschaftlichen Phänomens intensiver befasst und bin dabei – u. a. in Folge 82 des Podcasts „Das Coronavirus-Update“ von NDR Info – auf das PLURV-Prinzip gestoßen.
- Pseudo-Experten: Wissenschaftsleugner beziehen sich auf falsche Experten, die die Minderheitsmeinung der Wissenschaftsleugner, die quer zum Stand der Forschung liegt, vertreten
- Logikfehler: Wissenschaftsleugner greifen auf Falschdarstellungen und logische Trug- bzw. Fehlschlüsse zurück, um so ihre Argumente positiv herauszustellen oder Gegenargumente zurückzuweisen
- Unerfüllbare Erwartungen: Wissenschaftsleugner stellen unerfüllbare, oftmals wechselnde Anforderungen an wissenschaftliche Forschung, um so deren Legitimation zu diskreditieren
- Rosinenpickerei: Wissenschaftsleugner zeichnen durch selektive Datenauswahl ein verzerrtes Bild der Situation. Sie picken einseitig und verkürzend die Daten heraus, die ihre Positionen stützen oder Gegenpositionen schwächen
- Verschwörungstheorien: Wissenschaftsleugner vertreten oftmals Verschwörungstheorien, um so unliebsame Vorgänge als zielgerichtetes, konspiratives Wirken von Personen oder Gruppen darzustellen
Diesem Prinzip folgend erlebe ich auch in Diskussionen, in die ich persönlich involviert bin, wie versucht wird,
- Zweifel an der Wissenschaft oder an denjenigen, die eine unliebsame Meinung vertreten hervorzurufen,
- die persönlichen Motive und die Integrität dieser Personen in Frage zu stellen,
- Pseudo-Experten mit Minderheitenmeinungen als Autoritäten anzuführen und echte Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Gruppe der Gegenüber aufzubauschen
- möglichen Gefahren, die durch die jeweilige Thematik entstehen können, je nach Interessenlage zu übertreiben oder zurückzuweisen
- die Thematik bzw. die Reaktion darauf als Bedrohung für die persönliche Freiheit darzustellen sowie
- die Akzeptanz der eigenen Positionen bzw. die Nicht-Akzeptanz der Gegenposition mit einem esoterischen Hintergrund zu begründen, ohne diesen im Detail darzulegen.
Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, würde ich es nicht glauben, dass so etwas in einer aufgeklärten Gesellschaft – quer durch alle Milieus – möglich ist. Aber ich erlebe es gerade hautnah.
Nachdenklichkeit
Andererseits habe ich in den letzten Wochen wohl manchen konstruktiven Kritikern Unrecht getan, mich zum Teil auch berechtigter Kritik an meinem Umgang mit der Pandemie oder am politischen Krisenmanagement unangemessen entgegengestellt. Alle, denen ich da Unrecht getan habe, bitte ich um Verzeihung.
Dankbarkeit
Aber vor allem soll heute mein Dank jenen gelten, die mir einen Weg aus dieser inneren Krise gezeigt haben. Seien es meine Frau, politische Freunde, Arbeitskollegen, Journalisten und zahlreiche Wissenschaftler, die nicht müde werden, uns mit belastbaren Daten zu versorgen und uns diese auch noch adressatengerecht zu präsentieren. Heute bin ich wieder in der Lage, Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Dabei lasse ich meine Wahrnehmung nicht mehr in erster Linie von irgendwelche Covidioten, Besserwissern und Schreihälsen in den sozialen Netzwerken, auch nicht von unehrenhafte Politikclowns, die sich in und an der Krise persönlich bereichern, bestimmen.
Skepsis
Meine persönliche Auffassung ist, dass wir in den nächsten Wochen noch einige Verschärfungen der Maßnahmen zum Schutz vor der Ausbreitung des Virus erleben, dass wir eine sehr anstrengende und kontroverse Zeit vor uns haben. Der anstehende Wahlkampf im Bund auch auf kommunaler Ebene hier in Niedersachsen macht das Ganze dabei nicht leichter. Und auch die – für mich nur sehr begrenzt nachvollziehbaren – juristischen Entscheidungen, die Politik und Verwaltung nach meiner Auffassung unangemessen in ihren Möglichkeiten zur Bekämpfung der Pandemie einengen, tragen dazu bei, dass die nächsten Wochen anstrengend werden.
Hoffnung
Und dennoch: ich bin jetzt wieder überzeugt, dass wir stärker aus der Krise hervorgehen, als wir hineingegangen sind. Ich zumindest werde nicht nachlassen, mich dafür einzusetzen, dass wir dieses Ziel erreichen.
- Ich werde die praxisnahe und niedrigschwellige Informationspolitik für unsere Handwerksbetriebe fortführen.
- Ich werde im Haus des Handwerks die notwendigen Strategien und Maßnahmen zum Schutz der Kollegen und Kolleginnen sowie der Besucherinnen und Besucher umsetzen.
- Ich werde mich kommunalpolitisch einsetzen, effiziente Maßnahmen zu erlassen und bürokratiearm umzusetzen. Auch wenn dies bedeutet, nicht nur populäre Beschlüsse zu fassen.
- Ich werde in den sozialen Netzwerken weiter denjenigen entschlossen entgegentreten, die asozial die Gefahr des Corona-Virus leugnen, die das vermeintliche Wohl ihrer Kinder vorschieben, um dahinter ihre wissenschaftsfeindlichen Verschwörungstheorien zu verstecken.
- Ich werde den Dialog mit denjenigen, die konkrete und konstruktive Kritik an Strategien und Maßnahmen äußern wieder stärker suchen. Denn dadurch hoffe ich, dazuzulernen und bei der Erreichung der oben genannten Ziele noch besser zu werden.
Eine Bitte
Bitte trage auch Du einen Teil dazu bei, dass diese Hoffnung nicht enttäuscht wird. Wirke daran mit, dass eine umfassende Debatte über die richtigen Lösungswege geführt wird, dass Entscheidungsträger dann aber auch das Vertrauen genießen, Maßnahmen um- und durchzusetzen, dass wir allen Ebenen der Gesellschaft Gehör verschaffen und im gegenseitigen Respekt diese Krise überstehen.
Bleibe gesund und munter!
Genauso fühle ich auch. Das schlimmste für mich, mit einem großen Bekanntenkreis und Netzwerke, einige meiner besten Freunde sind mit oder an Corona gestorben. Ich nutze die Zeit, um über vieles in meinem Leben nachzudenken. Jedoch komme ich immer wieder auf: hätte, hätte Fahrradkette:. Lass uns das beste daraus machen und die Regeln einhalten, testen lassen und in einer Woche haben mein Mann und ich einen Impftermin. Ende 2021 hoffe ich, dass wir den Virus einigermaßen unter Kontrolle haben.