Erfahre, warum Handwerk ohne Ehrenamt nicht funktioniert. Welche starken Verbindungen zwischen Handwerk und Ehrenamt bestehen. Und wie Du als Handwerker von ehrenamtlichem Engagement persönlich und beruflich profitierst.
Deutschland und das Ehrenamt
Rund 17,1 Millionen Deutsche haben sich nach Untersuchungen der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) im Jahr 2020 in Deutschland ehrenamtlich engagiert – vor allem im Sportverein, in kirchlichen Einrichtungen und bei Hilfsorganisationen – aber auch in der Handwerksorganisation.
Die Anzahl der Ehrenamtsträger steigt dabei in Deutschland in den letzten Jahren tendenziell an (2016: 14,36 Mio., 2017: 14,89 Mio., 2018: 14,87 Mio., 2019: 15,98 Mio.)
Ehrenamtliche unterscheiden sich dabei nach Angaben der STATISTA GmbH vom Bevölkerungsdurchschnitt. Sie sind in der Regel älter, verfügen über einen höheren Bildungsabschluss, sind seltener von Arbeitslosigkeit betroffen (gewesen) und erzielen ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen.
Handwerk und Ehrenamt
Nach Einschätzung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerk stehen Handwerker dabei an vorderster Front.
„Sie und ihre Betriebe sind tief in der Region und im sozialen Umfeld verwurzelt. Ihr Engagement reicht von Sport- und Brauchtumsvereinen über Kirchengemeinden und Freiwillige Feuerwehren bis hin zur handwerklichen Selbstverwaltung.“
ZDH – Handwerk und Ehrenamt
Dies belegt auch eine Studie des Ludwig-Fröhler-Institut (LFI). Diese zeigt, dass eine Mehrzahl der antwortenden Handwerksunternehmen sich insbesondere auf lokaler Ebene gesellschaftlich und sozial engagieren.
Besonders starke Verbindungen gibt es dabei zwischen Handwerk und freiwilligen Feuerwehren sowie anderen Hilfsorganisationen, Sportvereinen und Kirchen sowie in der Entwicklungszusammenarbeit.
Im Handwerk zeigen Untersuchungen des Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh), dass Ehrenamtsträger häufig mehrere solcher Ämter parallel ausüben, mehrheitlich einen Meistertitel tragen und mit einem Durchschnittsalter von knapp 50 Jahren über Berufserfahrung verfügen. Ehrenamtsträger investieren demnach durchschnittlich gut 10 Stunden im Monat in ihre Tätigkeit in der Handwerksorganisation. Hinzu kommen oftmals noch vergleichbare Zeiten für ein zivilgesellschaftliches Engagement in anderen Bereichen.
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Die Motive der Handwerker liegen nach Angaben des LFI vor allem im Bereich der persönlichen und sozialen Überzeugungen. Wirtschaftliche Vorteile werden wahrgenommen, stehen aber nicht im Mittelpunkt. Von einem noch stärkeren Engagement werden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen aufgrund von Ressourcenmangel abgehalten.
Ehrenamt im Handwerk
Die Handwerksorganisation wäre ohne ehrenamtliches Engagement nicht denkbar. Seit Jahrhunderten prägen Ehrenamtsträger die handwerkliche Selbstverwaltung – hauptamtliche Unterstützung ist hier eine relativ junge Entwicklung. Dabei bringen sich sowohl Unternehmer als auch Arbeitnehmer ein.
Die Gesetze und Satzungen der Handwerksorganisationen – von Innungen, über Kreishandwerkerschaften bis hin zu den Kammern – stellen das Ehrenamt in den Fokus.
Die Vertretung des Berufsstandes gegenüber Verwaltung, Behören und der Öffentlichkeit, die Mitwirkung in den Selbstverwaltungsorganen, die Durchführung von Prüfungen und die Übernahme von Verantwortung beim Erlass von Ausbildung- und Prüfungsordnungen sind hier nur einige Aufgabenfelder. All diese wäre ohne die Ehrenamtsträger und ihr Praxiswissen nicht oder nicht so effizient vorstellbar.
In der Interessenvertretung und der Förderung des Deutschen Handwerks sind sie glaubwürdige und kompetente Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft.
ZDH – Handwerk und Ehrenamt
Ehrenämter im Handwerk
Aber wie genau sieht ehrenamtliches Engagement in der handwerklichen Selbstverwaltung aus?
Auf allen Ebenen – von den Innungen und Verbänden, über die Kreishandwerkerschaften, zu den Handwerkskammern bis zu den Vertretungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene – übernehmen Handwerksunternehmer und Arbeitnehmervertreter ehrenamtlich zentrale Funktionen.
Innungen
In den Vorständen und Ausschüssen der Innung übernehmen Handwerker Verantwortung für die Interessenvertretung ihres Gewerkes und die solidarische Unterstützung der Innungsmitglieder. Ob als Obermeister, Lehrlingswart oder Beisitzer im Vorstand – alle stehen bereit, Verantwortung zu tragen.
In den so genannten Gesellenausschüssen wirken die Arbeitnehmer des Handwerks unmittelbar an wichtigen Entscheidungen mit.
Im Cloppenburger Handwerk sind hier aktuell rund 100 Personen in den 11 Innungen aktiv.
Kreishandwerkerschaften
Auch die Vorstände der Kreishandwerkerschaften sind sämtlich ehrenamtlich tätig. Ihnen fällt dabei im wesentlichen die Aufgabe zu, die Interessen des Gesamthandwerks auf Kreisebene zu vertreten und die Innungen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen.
Insbesondere der Kreishandwerksmeister ist als höchster Repräsentant des Handwerks auf Kreisebene aktiv.
Bei der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg engagieren sich hier ca. 25 Handwerker ehrenamtlich .
Handwerkskammern
Als Delegierte in den Vollversammlung der Handwerkskammern wirken Handwerker ehrenamtlich im obersten Entscheidungsgremium des Handwerks auf regionaler Ebene mit. Weitere Vertreter engagieren sich darüber hinaus auch hier in den Vorständen, Präsidien und Ausschüssen.
Die Vollversammlung und die weiteren Gremien der Handwerkskammern sind zu einem wesentlichen Teil mit Arbeitnehmervertretern besetzt.
Aus dem Landkreis Cloppenburg sind rund 10 Personen als Funktionsträger, Delegierte oder Stellvertreter bei der Handwerkskammer in Oldenburg eingebunden.
Überregional
Alle diese Teile der Handwerksorganisation verfügen über Vertretungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, die ebenfalls nur durch die Mitwirkung ehrenamtlicher Handwerker ihre Arbeit machen können.
Eine genaue Zahl der hier aus dem Cloppenburger Handwerk involvierten Personen lässt sich nicht benennen.
Berufsbildung
Ein wesentlicher Teil der Ehrenämter im Handwerk entfällt auf die Arbeit in Prüfungsausschüssen. Diese übernehmen die Durchführung von Gesellen-/Abschluss-, Fortbildungs- und Meisterprüfungen. Damit erfüllen sie hoheitliche Aufgaben mit einem besonderen Praxisbezug und sind eine zentrale Säule der Qualitätssicherung im Deutschen Berufsbildungssystem.
Allein in den Gesellenprüfungsausschüssen im Verantwortungsbereich des Cloppenburger Handwerks sind hier rund 90 Personen ehrenamtlich aktiv. Dabei sind die Ausschüsse gleichmäßig mit Vertretern von Arbeitgebern, Arbeitsnehmern und Berufsschulen besetzt.
Auch als Sachverständige und Experten in den Ordnungsverfahren zur Erstellung von Prüfungsordnungen sind ehrenamtliche Handwerksvertreter unverzichtbar. Sie stellen die Brücke zwischen den praktischen, pädagogischen und rechtlichen Anforderungen da.
Interessensgruppen
Nicht zu unterschätzen ist auch das ehrenamtliche Engagement in den zahlreichen dem Handwerk nahestehenden Vereinen, Vereinigungen und Institutionen. Exemplarisch seien hier die Unternehmerfrauen im Handwerk, die Junioren des Handwerks, die Vereinigung der Betriebswirte im Handwerk und zahlreiche örtliche Stiftungen, Fördervereine u. ä. genannt.
Bei den Unternehmerfrauen unterstützen sich zum Beispiel engagierte Handwerkerinnen nicht nur gegenseitig in ihrem Arbeitsalltag, sondern organisieren Weiterbildungen und Vorträge. Als Vertreterinnen des Handwerks gegenüber Politik und Verwaltung wie auch in verschiedenen handwerkspolitischen Gremien, setzen sie sich in besonderer Weise für die Belange von Frauen im Handwerk ein.
Und wie profitiere ich als Handwerker von einem Ehrenamt?
Grundsätzlich profitieren Handwerker von sozialem, ehrenamtlichem Engagement nicht finanziell. Ehrenämter sind keine unbezahlte Arbeit, sondern regelmäßig unbezahlbare Arbeit, von der vor allem die Gemeinschaft profitiert.
Zahlreiche Ehrenamtsträger ziehen aber genau aus dieser Tatsache schon persönliche Befriedigung. Sie erleben eine große Sinnstiftung in ihrer Tätigkeit. Sie freuen sich, einen Beitrag zu Verbesserung der allgemeinem Situation leisten zu können.
Wer sich in einem Ehrenamt einbringt, hat die Möglichkeit, die Zukunft des Handwerks in seiner Region aktiv mitzugestalten.
Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade
Darüber hinaus steht das Knüpfen und Pflegen von Kontakten – das Networking – bei vielen Ehrenamtlichen im Fokus. Über die Funktion erschließen sich Netzwerke, zu denen man auf anderem Wege keinen oder nur erschwerten Zugang gefunden hätte.
Ein weiteren Punkt, den zahlreiche Ehrenamtsträger als motivierend empfinden, ist der bessere Zugang zu fachlichen und überfachlichen Informationen. Funktionsträger erhalten regelmäßig frühzeitig und ggf. sogar exklusiven Zugang zu Informationen. Ihnen stehen oftmals spezifische Weiterbildungsangebote zur Verfügung, die ihnen auch in Kontexten außerhalb des Ehrenamts weiterhelfen.
In einem Ehrenamt kannst Du also:
- Dich sinnhaft für andere und das Gemeinwohl einsetzen
- Deine Stärken und Erfahrungen zur Weiterentwicklung deines Berufsstandes und Berufes einbringen und weitergeben
- Berufsbildung und Wissenstransfer im Handwerk stärken
- Traditionen erhalten und Zukunft im Handwerk gestalten
- wichtige Vorhaben fachlich, politisch und sozial mitgestalten und verwirklichen
- den eigenen Horizont erweitern, neue Kompetenzen erwerben
- Gemeinschaft mit Gleichgesinnten erleben, wertvolle Kontakte knüpfen
- öffentliche Anerkennung und Ansehen bekommen, Dein Unternehmen positiv präsentieren
- und noch vieles mehr…
Was Du jetzt tun kannst
Willst Du in einer der Innungen des Cloppenburger Handwerks ehrenamtlich Verantwortung übernehmen, melde Dich bei mir. Gern werde ich den Kontakt zum Innungsvorstand oder zu den Gesellenausschüssen herstellen.
FAQ
Zahlreiche weitere Fragen zum ehrenamtlichen Engagement im Handwerk beantwortet z. B. die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade auf ihrer Internetseite.
Quellen
https://www.zdh.de/fachbereiche/handwerkspolitik/handwerk-und-ehrenamt/
https://www.hwk-bls.de/artikel/haeufig-gestellte-fragen-22,353,540.html
Ich bin ein Maler aus Algerien. Wie kann ich mich ehrenamtlich für Sie engagieren?
Bitte wenden Sie sich direkt an eine Handwerksorganisation in der gewünschten Region. Auf http://www.ZDH.de finden Sie entsprechende Kontaktdaten.
Durch eine ehrenamtliche Tätigkeit kann man auch Nachwuchsförderung betreiben und seine Fühler ausstrecken nach neuen Schützlingen, die Maler, Elektriker oder Ähnliches werden möchten. Auch ein nicht von der Hand zu weisender Vorteil!