Erfahre, wie das Team der Kreishandwerkerschaft unter den Bedingungen der Corona-Pandemie einen alternativen Ablauf für die traditionelle Lehrlingsfreisprechung entwickelt hat und welche Stolpersteine dabei aus dem Weg geräumt werden mussten.
In diesem Gastbeitrag schildert meine Kollegen Ann-Kathrin Raker, wie wir in der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg eine Lösung gesucht und gefunden haben, um den erfolgreichen Teilnehmern der Gesellenprüfungen, trotz Corona-Pandemie einen würdigen Abschluss zu ermöglichen.
Die Freisprechung entfällt
In der traditionellen Freisprechung des Cloppenburger Handwerks werden die jungen Auszubildenden ihrer Aufgaben und Pflichten aus dem Lehrvertrag durch den Kreishandwerksmeister Günther Tönjes frei und ledig gesprochen und als frischgebackenen Gesellen und Gesellinnen in die Arbeitswelt des Handwerks entlassen.
Diese Veranstaltung ist für die Jugendlichen ein wichtiger Anlass und Meilenstein, um die letzten Jahre Revue passieren zu lassen und die Ausbildung offiziell abzuschließen.
In diesem Jahr fiel die Freisprechung im Sommer der Corona-Pandemie zum Opfer. Aus diesem Grunde war es allen Ehrenamtsträgern und Mitarbeitern der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg eine wahre Herzensangelegenheit, den Gesellen und Gesellinnen in anderer Art und Weise gerecht zu werden , sodass in den vergangenen Monaten mit Hochdruck an einer alternativen Umsetzung gearbeitet wurde.
Videogruß statt Händedruck
In diesem Jahr war also alles anders – vor allem digitaler. Statt der sonst feierlichen Ansprache des Kreishandwerksmeisters, der Obermeistern unserer Innungen und der Ehrengäste wurde in diesem Jahr erstmalig ein Videoprojekt ins Leben gerufen.
In einem kurzen Handyvideo wurden die Glückwünsche, Lobesworte und Danksagungen an die jungen Gesellen und Gesellinnen aber auch deren Ausbildungsbetriebe gerichtet. Durch diesen Anlass und die weite Verbreitung auf den sozialen Medien konnten wir die breite Öffentlichkeit erreichen und unsere Freizusprechenden in besonderer Weise loben.
Gesellenbriefe auf dem Postweg
Auch die Übergabe der Gesellenbriefe und -zeugnisse, die den Belegen zur bestandenen Abschlussprüfung bilden und den damit errungen Gesellentitel unterstreichen, wurden auf alternative Weise überreicht.
In diesem Jahr konnten die 194 Gesellen und Gesellinnen ein Paket der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg bei sich Zuhause in Empfang nehmen. Neben den wichtigen Dokumenten war auch ein kleines Geschenk beigelegt. „Geprüft und für gut befunden“ ist nicht nur der Slogan der Zeugnismappen, sondern auch auf der wiederverwendbaren Trinkflasche, die als Geschenk beigefügt war, enthalten.
Und was kommt nach der Ausbildung?
Der weitere Lebensweg spielt immer eine Rolle, besonders wichtig sind hierbei aber auch die beruflichen Perspektiven. In einem persönlichen Anschreiben und diversen Infomaterialien haben wir an die Freizusprechenden appelliert, sich nicht auf dem erworbenen Abschluss auszuruhen. Diese Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse sollen die Gesellen und Gesellinnen nutzen, um sich weiter zu bilden und ihre Karriere und die damit verbundene berufliche Zukunft aufzubauen und zu sichern.
Besondere Leistungen verdienen besondere Anerkennung
Wir sind stolz, dass wir trotz der herausfordernden Umstände und dem damit verbundenen Druck auf die Prüflinge insgesamt zwölf Diplomträger/-innen aus den verschiedensten Berufen auszeichnen konnten.
Hierbei war es uns wichtig, dass wir unser Wort nochmals persönlich an diese Absolventen richten. Aus gegebenem Anlass sind wir in 14 Tagen bei den Ausbildungsbetrieben vorbeigefahren und haben die Diplomträger/-innen mit einer besonderen Ehrung gewürdigt.
Begleitet wurden wir hierbei vom Landkreis Cloppenburg – Herrn Wimberg (Landrat), Herrn Schröer (stellv. Landrat) – von der Handwerkskammer Oldenburg – Herrn Stein (Präsident), Herrn Vensler (Geschäftsbereichsleiter Ausbildung). Eine wichtige Person fehlt ohne eigenes Verschulden in diese Liste – doch dazu später mehr.
Leider konnten wir nicht alle Betriebe besuchen, sodass die noch ausstehenden Diplomträger/-innen mit einem Vertreter des Ausbildungsbetriebes zu einer Übergabe im Haus des Handwerks eingeladen wurden.
Die Stolpersteine hinter den Kulissen
Der Ausfall der Freisprechung war leider nicht die einzige Herausforderung, der wir in diesem Prüfungszeitraum gegenüberstanden.
Auf Grund der Schließungen im Bildungszentrum Handwerk mussten die Zwischenprüfungen teilweise sogar ganz ausfallen. Eine Verkürzung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen half zwar, den Fokus in den Abschlussjahrgängen auf die anstehenden Abschlussprüfungen legen zu können, aber die Vorbereitung war sicherlich nicht optimal.
Pandemiebedingt konnten leider auch nicht alle Mitglieder des Prüfungsausschusses ihre Aufgaben wahrnehmen – somit waren die ehrenamtlichen Ausschüsse mit weniger Personen belegt, die wiederum einen größeren Arbeitsaufwand leisten mussten.
Zusätzlich wurde es in den letzten Tage vor dem geplanten Freisprechungstermin nochmals knapp: die Gesellenbriefe mussten gedruckt werden. Diese bestätigen die bestandene Ausbildung und sind das wichtigste Dokument für die jungen Prüflinge. Durch die Unterstützung der Handwerkskammer Oldenburg und in enger Zusammenarbeit mit unserem neuen Softwareanbeiter UniPlus aus Münster konnten die Vorlagen rechtzeitig erstellt werden, sodass alle Gesellen und Gesellinnen Ihren Brief pünktlich erhalten konnten.
Unser Ziel war es, dass die Gesellenprüfungen rechtzeitig stattfinden und das Ausbildungsziel erreicht wird. Dies Ziel haben wir als Team aus Ehren- und Hauptamt erreicht – darauf sind wir stolz.
Dr. Michael Hoffschroer
Der größte Fauxpas ist uns aber bei der Organisation der Urkundenübergabe an die Diplomträger passiert, denn wir haben in der Hektik tatsächlich vergessen, unseren Kreishandwerksmeister einzubeziehen. Lieber Günther Tönjes, dafür entschuldigen wir uns auch hier nochmals ausdrücklich. Du weißt sicherlich, dass es keine böse Absicht war.
Das Haus des Handwerks bedankt sich
In dieser Zeit erhielten wir eine besonders hilfreiche und umfassende Beratung, Unterstützung und Betreuung durch unsere ehrenamtlichen Prüfungsausschüsse, die Handwerkskammer Oldenburg, den Zentralverbandes des deutschen Handwerks und auch unseren Softwareanbieter.
Unserem Vorstand, den Vertreter der Kommunalpolitik und der weiteren Partner, die immer wieder zum Erfolg der traditionellen Freisprechung beitragen, und die diesmal auch parat standen, gilt ein weiterer Dank.
Ein besonderer Dank gilt darüber hinaus den Ausbildungsmeistern und den Kollegen der Verwaltung: ihr habt euer Bestes gegeben, damit die Prüfungen und Kurse stattfinden und die Freizusprechenden trotzdem eine würdige Entlassung aus Ihrer Ausbildung erhalten konnten.
An wen wir in diesem Jahr besonders denken
Zum Schluss möchten wir noch an unsere beiden verstorbenen Kollegen denken, die uns im vergangenen Jahr leider zu früh verlassen mussten und immer ein großer Bestandteil der Ausbildung und der Freisprechung waren. Heiner Göwert war als Leiter des Bereiches Ausbildung immer der erste Absprechpartner der Auszubildenden und wäre sehr stolz, auf die erbrachten Leistungen. Er begleitete die Prüflinge seit ihrem ersten Tag im Haus des Handwerks und freute sich über jeden, der sich für einen Handwerksberuf entschieden hat. Ebenso denken wir an Rainer Wilkens, der durch seine Arbeit bei den Vorbereitungen und der Durchführung der Freisprechung im Bereich Marketing einen großen Beitrag geleistet hat um dieses Event für die neuen Handwerksmacher so besonders zu machen.
Vielen Dank auch an Dich, liebe Ann-Kathrin. Nicht nur für die Mitwirkung bei der Umsetzung der alternativen Freisprechung sondern auch für diesen tollen Blick hinter die Kulissen.
Zur Autorin
Ann-Kathrin Raker ist im vergangenen Sommer bei der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg als studentische Praktikantin im Bereich Marketing angefangen. Nach Ablauf des Praktikums blieb Sie uns nicht nur als Werkstudentin während ihres letzten Semesters erhalten, sondern seit Mai dieses Jahrs auch als festes Teammitglied.
Nach ihrem Abschluss zur staatlich geprüften Betriebswirtin mit dem Schwerpunkt Marketing ist Sie die neue Ansprechpartnerin für die Öffentlichkeitsarbeit im Haus des Handwerks. Durch ihren Einsatz in der Presse und den sozialen Medien hilft Sie uns dabei, die berufliche Ausbildung im Handwerk für Jugendliche noch attraktiver zu machen.