Vor wenigen Wochen war ich Gast der Schulentlassungsfeier der Fachoberschulen Technik (FOT) und Gestaltung (FOG) an der Berufsbildendenschule Technik in Cloppenburg.
Die dortige Festrede wurde von einem unserer Innungsmitglieder gehalten und hat mich sehr beeindruckt, weshalb ich Stefan Plaggenborg, Inhaber der Firmengruppe Kurre mit Hauptsitz in Ramsloh, Saterland gefragt habe, ob er für ein Gespräch für meinen Handwerksmacher-Blog zur Verfügung stehen würde.
Erfreulicherweise hat er zugestimmt, weshalb ihr nun die erfolgreiche Handwerksmacher-Geschichte eines innovativen Fachoberschülers, Elektroingenieurs, Kaufmanns und Existenzgründers hier nachvollziehen könnt.
Das Interview im Wortlaut
Handwerksmacher (HM): Lieber Stefan, wie kam es dazu, dass Du bei der Abschlussfeier der BBS die Festrede halten durftest?
Stefan Plaggenborg (SP): Vor genau 23 Jahren habe ich an der BBS Technik in Cloppenburg ebenfalls meine Fachhochschulreife entgegengenommen. Ich wurde also als ehemaliger Absolvent dieser Schule eingeladen zu sprechen. Das hat mich sehr geehrt.
HM: Aber es reicht sicherlich nicht aus, nur ein ehemaliger Absolvent zu sein, um diese Ehre angetragen zu bekommen. Stelle Dich doch kurz vor, damit wir ggf. erkennen können, was noch hinter der Einladung steckte.
SP: Mein Name ist Stefan Plaggenborg und komme aus Friesoythe. Nach meinem Realschulabschluss habe ich eine Ausbildung zum Energieelektroniker bei der Firma Leoni gemacht. Ich muss sagen, dass ich während meiner Realschulzeit und auch während meiner Ausbildung viele anderweitige Interessen hatte. Meine ehemaligen Vorgesetzten, Ausbilder und Lehrer schlagen heute zum Teil noch die Hände über den Kopf, wenn sie mich sehen.
So erzählt meine Frau immer noch gerne, dass sie mich damals erwischt hat, wie ich, statt für die Abschlussprüfung zu lernen, alle Prüfungsbögen der vergangenen Jahre im Esszimmer meiner Eltern ausgebreitet und versucht habe, das System hinter den Fragen zu entschlüsseln, um dann herauszufinden, was wohl dieses Jahr abgefragt werden würde. Diese Arbeit hat seinerzeit mindestens eine Woche in Anspruch genommen. Und was glaubst Du? Habe ich den Schlüssel gefunden? Nein, selbstverständlich nicht! Schlimmer noch. Gerade in dem Jahr kamen neue Fragebögen in die Prüfungsordnung, und Du kannst Dir sich vorstellen, dass mein Ergebnis bei der Abschlussprüfung dementsprechend ausgefallen ist!
Zwischen Ausbildung und Fachoberschule Technik habe ich ein halbes Jahr bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Ich muss sagen, da habe ich fürs Leben gelernt und vor allem habe ich dort erfahren, dass sehr günstige Pensionen für Monteure nicht immer sauber und gut sind. Oder was es heißt, in einer Ketchupfabrik in drei Schicht zu arbeiten.
In der FOT packte mich dann tatsächlich der Ehrgeiz (zumindest in Mathe, bei Englisch hat es bis nach dem Studium gedauert und bis es sich beruflich nicht mehr verhindern ließ, Englisch zu sprechen. Da brauchte ich erst den Stoß ins kalte Wasser.)
Mit einem heute noch sehr guten Freund von der FOT habe ich dann Elektrotechnik in Osnabrück studiert. Es war eine coole Zeit. Nach und nach wurden wir ein Team von sieben Jungs die sich gegenseitig während der Studienzeit unterstützt haben. Die Lerngruppe 1 war geboren. Wir haben nachmittags zusammen gelernt und uns auch bei den Semesterpartys unterstützt. Wir treffen uns auch nach 19 Jahren immer noch regelmäßig.
Nach meinem Studium habe ich als Elektroingenieur in einer kleinen Firma in Hahn-Lehmden bei Rastede angefangen. Ich habe mich bewusst damals für ein kleines familiengeführtes Unternehmen entschieden, dass auf seinem Gebiet einen hervorragenden Namen hatte.
Gerade kleine oder mittelständige Unternehmen bieten den großen Vorteil, dass man dort viele verschiedene Dinge auch über den Tellerrand hinaus lernt.
Allein schon deshalb, weil man den größten Teil der Kollegen und somit deren Arbeit und Aufgaben kennt. In der Firma bekam ich dann schon nach 6 Monaten die Möglichkeit als Stellvertreter eine Führungsposition zu übernehmen. Also hieß es für mich: Rein ins kalte Wasser! Plötzlich Personalverantwortung für ein kleines Team übernehmen.
Inzwischen bin geschäftsführender Gesellschafter der Firmengruppe Kurre mit Hauptsitz in Ramsloh und Zweigstellen in Neustadt Wied bei Bonn und in Friesoythe. Die Firmengruppe Kurre umfasst Firmen im Maschinenbau, Werkzeugbau, Sondermaschinenbau, Engineering und IT-Dienstleistungen. Insofern mag auch die Überlegung, mich als Beispiel einer recht erfolgreichen Unternehmerkarriere zu präsentieren, hinter der Einladung gesteckt haben.
HM: Erfolg ist ein gutes Stichwort. Was glaubst Du sind die Geheimisse Deines Erfolgs? Was oder wer hat Dich erfolgreich gemacht? Wie wird man erfolgreich?
SP: Ehrlich gesagt, weiß nicht wie andere erfolgreich werden, aber vielleicht kann ich den Lesern anhand meiner Erfahrung ein paar Tipps und Ratschläge mit auf den Weg geben!
Es sind viele Dinge, die aus mir das gemacht haben, was ich heute bin. Es sind vielleicht Charakterzüge oder meine Mentalität. Es könnte auch meine Arbeitseinstellung sein. Trotzdem möchte ich hier insbesondere fünf Punkte aufzählen, die im beruflichen Leben garantiert weiterhelfen können.
Der erste Punkt der zu Erfolg führen kann: Beweise Durchhaltevermögen!
Mein Schwiegervater sagt immer: „Dat wat du anfangst moakst du uk toende!“ Auf Hochdeutsch: „Das was du anfängst bringst du auch zu Ende!“ Klar geht es nicht immer, aber wenn man auch mal nicht so angenehme Situationen durchsteht bringt es einen immer ein Stückchen weiter!
Fast automatisch mit dem Durchhaltevermögen kommen dann Kontakte. Deshalb ein weiterer Punkt: Lerne Networking!
Die Welt ist ein Dorf und man sieht sich immer zweimal im Leben. Freuen Sie sich an jeder neuen Bekanntschaft und suchen Sie nicht nach deren Nutzen oder Sinn, sondern seien Sie einfach offen für neues und freuen sie sich, dass sie wieder einen interessanten Menschen kennenlernen durften.
So hat mich die Mitgliedschaft und die aktive Arbeit in der Hochschulgruppe des VDE sehr geprägt. Dort lernte ich Netzwerken, mit Unternehmern, anderen Studenten, Professoren usw. Dort lernte ich auch Herrn Pinninghoff von der Firma Siemens kennen. Er war seinerzeit Geschäftsführer bei Siemens in Osnabrück. Er war letztendlich mein erster Mentor, den ich auch Jahre später noch manchmal angerufen habe, wenn ich vor einer beruflichen Entscheidung stand und nicht so richtig wusste, was für eine Tragweite meine Entscheidung haben würde. Er ließ mich an seiner Lebenserfahrung teilhaben und hat somit meinen beruflichen Werdegang hier und da mit beeinflusst. Solche Personen habe ich während der letzten 20 Jahre noch 2-3 Mal kennenlernen dürfen, die mich jeweils in der beruflichen Situation von außen beraten somit geholfen habe.
Wenn sie also die Möglichkeit haben, suchen sie sich einen Mentor. Scheuen Sie sich nicht, ehemalige Kollegen, Vorgesetzte, Bekannte, Lehrer, Meister usw. in beruflichen Dingen um Rat zu fragen und Ratschläge anzunehmen. Entscheidungen treffen letztendlich immer Sie alleine, aber sie dürfen Hilfe in Anspruch nehmen.
Als dritten Punkt empfehle ich Dir: Häng Dich richtig rein!
Scheuen Dich nicht vor Aufgaben und vor Arbeit, auch nicht, wenn es vielleicht unbequeme Aufgaben sind. Steche somit aus der Masse heraus, sei es von Studenten, Trainees oder Kollegen. Sei ein Macher! Übernehme freiwillig Aufgaben (z. B. Arbeit in Verbänden, Vereinen oder in der Firma)! Feile immer an Deine beruflichen Karriere und wenn Du Aufgaben übernimmst, dann zu 100 %. D. h. sei verbindlich und zuverlässig, so dass Deine Partner sich auf Dich und Deine Arbeit verlassen können.
Thomas Edision sagt mal: „Erfolg hat nur der, der etwas tut, während er auf den Erfolg wartet.“ Es kann sein, dass Du vielleicht relativ schnell die Karriereleiter hochsteigen, es kann aber auch Jahre dauern.
Lege mit Fleiß einen guten Grundstein und beweise, dass Du bereit bist Verantwortung für Dich und Deine Arbeit zu übernehmen. Zeige Leistung, die dann honoriert werden kann. Für mich gilt auch heute noch: Erst die Arbeit dann das Vergnügen oder anders gesagt: Erst die Leistung, dann die Belohnung.
Und damit Du kontinuierlich Leistung zeigen kannst, rate ich Dir: Habe Spaß an Deiner Arbeit!
Von Thomas Carlyle habe ich den Spruch gelesen: „Begeisterungsfähigkeit ist eine der Hauptursachen für Erfolg im Leben.“
Also sei begeisterungsfähig für das, was Du tust. Brennen für das, was Du in Deinem Leben machst. So wie ich für meinen Job brenne. Ich habe das große Glück sagen zu dürfen, dass ich nicht arbeiten gehe, sondern dass ich täglich meinem Hobby nachgehe.
Der Job den Du später machen wirst, sollte Dir wirklich Spaß machen, denn dann bist Du motiviert und zeigst automatisch Leistung. Arbeite nicht, weil Du eine Gehaltserhöhung oder endlich den Firmenwagen haben möchtest, denn dann wirst Du sehr schnell unzufrieden werden. Merken Dir, erst kommt die Leistung und irgendwann bekommst Du dann die Lorbeeren dafür. Hier heißt es dann aushalten und nicht einfordern.
Es gilt insofern auch: Fordere Dein Glück (nicht zu früh) heraus!
Sei geduldig aber selbstverständlich musst Du nicht bis zum bitteren Ende warten, sondern wenn Dein Chef Deine Leistung einfach nicht zu würdigen weiß, dann bitte ihn doch mal um ein Feedback-Gespräch. Vielleicht passt Dein Eigenbild nicht mit dem Bild Deines Vorgesetzten zusammen? Aber vielleicht hast Du einen bestimmten Posten auch nicht bekommen, weil Dein Chef etwas ganz anderes für Dich geplant hat. Oder vielleicht bemerkt Dein Chef Deine Leistung auch einfach nicht? Dann erinnere Dich vielleicht an einen Mentor, der Dir gute Ratschläge geben kann. Aber habe Geduld und fordere Dein Glück nicht zu früh heraus.
Kommen wir zum letzten Punkt für möglichen Erfolg: Setze Dir klare Ziele!
Du solltest wissen wohin die Reise gehen soll. Mache Dir einen Plan. Wo siehst Du Dich in 5 oder 10 Jahren? Du musst nicht wissen, was Du in 20 Jahren machen willst, aber stecken Dir realistische Ziele. Für mich war es zuerst das Elektrotechnik-Studium. Dann war es der Wunsch irgendwann Team oder Abteilungsleiter zu werden, dann wollte ich eine Firma leiten, das habe ich dann über meinen damaligen Arbeitgeber in den USA gemacht, indem ich dort eine Tochtergesellschaft aufgebaut habe. Parallel dazu habe ich ein Fernstudium zum Wirtschaftsingenieur absolviert.
Dann wollte ich Geschäftsführer oder Selbstständig werden. Und dieser Wunsch wurde dann durch die Firmengruppe Kurre erfüllt. Mein nächster Wunsch wäre dann…. Nein das verrate ich hier nicht. Ich habe immer noch Ziele und Wünsche aber ich bin geduldig und harre der Dinge die da kommen. Es kann ja auch immer was ganz Neues oder Spannendes entstehen. Ich lasse mich überraschen, wo ich in 5 oder 10 Jahren stehen werde. Aber ich habe weiterhin ein Ziel vor Augen!
HM: Wow Stefan, das war geballter Inhalt. Danke dafür. Darf ich Dich zum Abschluss noch um ein Fazit bitte? Was ist der Kern vom Kern unseres Gespräches?
SP: Erfolgreich wirst Du, in dem Du Durchhaltevermögen und Verantwortungsbewusstsein zeigst. Sei aktiv, sei ein Macher. Suche Dir einen Job der Dir Spaß macht und wenn Du dann vielleicht immer etwas mehr gibst als verlangt wird, dann wirst Du dafür auch die Belohnung bekommen. Oder, wie bereits Gaius Sallustius Crispus sagte:
Die Erfahrung hat gezeigt, dass jeder Mensch der Architekt seiner eigenen Zukunft ist.
Gaius Sallustius Crispus
HM: Nochmals herzlichen Dank Stefan, dass Du uns einige Deine Erfolgsgeheimnisse verraten hast. Es zeigt doch, dass gerade auch im Handwerk und im ländlichen Raum viele Zukunftschancen stecken, die mit Engagement, Geduld und Kompetenz gehoben werden können. Wer nun neugierig auf Dich und Deine Arbeit geworden ist, wie und wo können die mehr über Dich und die Firmengruppe Kurre erfahren?
SP: Interessierte Personen finden den besten Zugang zu uns über unserer Internetseite: www.kurre.net/ Dort sind auch die weiteren Kontaktdaten und Ansprechpartner hinterlegt. Auf der Karriereseite findest Du z. B. laufend Stellenangebote aus den unterschiedlichen Bereichen und Berufen sowie unsere Ausbildungsberufe.
Bilder: www.kurre.net
Ein Kommentar