In der letzten Woche habe ich Euch meine These begründet, wieso das Handwerk gerade dabei ist, sich selber abzuschaffen.
Hintergrund ist die strukturelle Fehleinschätzung zur Bedeutung von Plattformmärkten durch die Handwerksunternehmen.
Als Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg habe ich mich vor diesem Hintergrund selbstverständlich sofort gefragt, was das für uns als Teil der Handwerksorganisation bedeutet.
Unsensible Unternehmen
Wichtigste Aufgabe für die Handwerksorganisation ist momentan die Sensibilisierung der Mitgliedsunternehmen für die Auswirkungen der Digitalisierung und die Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen in den Märkten mit sich bringt. Denn nur wenn unsere Betriebe aktiv werden, können wir die fatalen Risiken vermeiden und die großen Chancen der Digitalisierung nutzen.
Gerade mit unserem Projekt können wir die regionalen Handwerksunternehmen vor diesem Hintergrund begleiten und mitnehmen. Wir organisieren nicht nur entsprechende Informationsveranstaltungen, sondern entwickeln auch ganz konkrete Werkzeuge, die unsere Mitgliedsunternehmen in ihrer täglichen Arbeit nutzen können, um den anstehenden Themen der Digitalisierung praxisorientiert zu begegnen.
Jens Rigterink, Projektverantwortlicher bei der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg
Wir unterstützen Euch dabei gern
Ein großer Vorteil dabei, aufgrund der Kleinteiligkeit unserer Erhebung können wir das Thema Digitalisierung sehr weit runterbrechen und sind damit auch in der Lage „kleine Digitalisierungshappen“ zu präsentieren. Damit gelingt es, Handwerksunternehmen mitzunehmen und nicht zu überfordern.
Und wie gehts weiter?
Kennst Du den Podcast von Jörg Mosler? Wer zu den Themen Mitarbeitergewinnung im Handwerk und Digitalisierung sehr spannenden und informativen Input bekommen möchte, dem empfehle ich dringend dort mal reinzuhören.
In Folge #114 seines Workerscast interviewte Jörg Mosler DEN Experten für Digitalisierung im Handwerk Christoph Krause zum Thema „So rockst du die Digitalisierung “.
Aus dieser Folge und meiner Erfahrung aus dem Projekt SHK + MEHR sowie dem täglichen Umgang mit Innungsbetrieben, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie bewältigen wir die Herausforderungen der Digitalisierung, sehe ich große Möglichkeiten im Bereich der Plattformmärkte für Innungen und Kreishandwerkerschaften.
In Cloppenburg jedenfalls denken wir gerade sehr ernsthaft darüber nach, welche Unterstützung und Vernetzungsangebote wir unseren Mitgliedern anbieten können und wollen. Hier will ich Euch gern erste Stichworte mit auf den Weg geben und würde mich über ein Feedback dazu in den Kommentaren sehr freuen.
Plattform zur Kundenansprache
Schon heute bieten viele Handwerksorganisationen eine Online-Handwerkersuche an. In einigen Gewerken und Regionen bestehen Datenbanken, bei denen potentielle Kunden sich über angebotene Dienstleistungen und Spezialisierungen zentral informieren können. Kann es uns als Innung oder Kreishandwerkerschaft gelingen, daraus eine gemeinsame Plattform zur Kundenansprache zu formen und am Markt zu etablieren?
Plattform zur Vernetzung von Fachhandwerkern
Größere Aufträge werden heute schon von Arbeitsgemeinschaften mehrerer Handwerksunternehmen durchgeführt. Auch in unserer Region gibt es Zusammenschlüsse und gemeinsame Auftritte von Fachhandwerkern aus verschiedenen Gewerken, um z. B. Service aus einer Hand anzubieten. Welche digitalen Möglichkeiten können wir hier von Innungen und Kreishandwerkerschaften bereitstellen, um unseren Mitgliedern Vorteile gegenüber Wettbewerbern zu ermöglichen?
Plattform zur gemeinsamen Nutzung von Werkzeugen
Teures Spezialwerkzeug, das übers Jahr weitgehend ungenutzt in den Magazinen liegt, verursacht hohe Kosten. In der Landwirtschaft gab es als Lösung zur Kostenreduzierung dafür lange Zeit so genannte Maschinenringe. Heute zeigt die zunehmende Akzeptanz von Car-Sharing-Angeboten, dass auch in Deutschland die sharing-economy zunehmende Akzeptanz findet. Sind Innungen oder Kreishandwerkerschaften nicht prädestiniert dafür, als digitaler Mittler die gemeinsame Nutzung solcher Spezialwerkzeuge und -maschinen zu organisieren?
Plattform zum gemeinsamen Einkauf
Auch Einkaufgenossenschaften sind in der Deutschen Wirtschaft und im Handwerk keine unbekannten Organisationsformen. Insofern stellt sich die Frage, ob Innungen und Kreishandwerkerschaften diese bewährte Form der Kooperation nicht aufgreifen und in die Zukunft transferieren können, um die Möglichkeiten neuer digitaler Plattformmärkte im Interesse der Mitglieder nutzbar zu machen.
Plattform für Big-Data-Management
Der wahre Schatz vieler Handwerksunternehmen liegt zurzeit noch völlig brach: Kundendaten. Kann es Innungen und Kreishandwerkerschaften gelingen, Datenbanken aus Quellen in den Mitgliedsunternehmen zu füllen, die Daten aufzubereiten, zu verarbeiten und/oder zu vermarkten? Sind wir ggf. sogar die, die die Netze für den Datenaustausch bereitstellen, wenn es Telekommunikationsunternehmen nicht gelingt, die flächendeckende Versorgung zu organisieren?
Und was stellt ihr Euch vor?
Neben diesen fünf Ansätzen bietet die Digitalisierung sicherlich noch viele weitere, kreativere, grundlegendere, spannendere, radikalere Möglichkeiten, neue Dienstleistungen und Produkte zu entwickeln, die Innungen und Kreishandwerkerschaften ihren Mitgliedern in Zukunft anbieten können.
Was sind Eure Ideen als Führungskraft in der Handwerksorganisation? Was würdet Ihr Euch als Innungsmitglied von Eurer Geschäftsstelle wünschen?
Freue mich auf Eure Kommentare, Euer Feedback!
PS: Wenn Du mehr erfahren willst
ERGEBNISBERICHT: Wie oben bereits geschrieben stellen wir gern die bisherigen Ergebnisse des Projektes SHK+MEHR auch bei Euch in den Innungen, Kreishandwerkerschaften, Verbänden oder anderen Netzwerken vor. Ebenso gern senden wir Euch die vollständige Auswertung der Befragung zu. Schreibt einfach eine E-Mail, Stichwort1: Vortrag SHK+MEHR bzw. Stichwort2: Auswertung SHK+MEHR
JOBSTARTERplus: Betriebe unterstützen, Ausbildung gestalten, Fachkräfte gewinnen: Mit dem Ausbildungsstrukturprogramm JOBSTARTERplus fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bundesweit die Verbesserung regionaler Ausbildungsstrukturen. Die JOBSTARTERplus-Projekte unterstützen mit konkreten Dienstleistungen kleine und mittlere Unternehmen in allen Fragen der Berufsausbildung und tragen so zur Fachkräftesicherung bei. Durchgeführt wird das Programm von der Programmstelle JOBSTARTER beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Das Projekt SHK + Mehr wird als JOBSTARTER plus-Projekt gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Europäischen Sozialfonds.