Trägst Du Personalverantwortung in einem kleinen oder mittleren Unternehmen? Ist auch für Dein Unternehmen der Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen? Und bist auch Du Dir nicht sicher, wie Du das Thema Personal im betrieblichen Alltag so richtig angehen solltest?
Erkenntnisse aus meiner täglichen Arbeit mit über 600 Handwerksbetrieben zeigen, dass gerade kleine und mittlere Betriebe (KMU) noch erhebliches Verbesserungspotenzial bei der Gewinnung, Bindung und Betreuung ihrer Mitarbeiter haben.
In diesem Beitrag gebe ich Dir vier Strategieempfehlungen, die auch in Deinem Unternehmen rasch zu Verbesserungen führen können. Aufgrund der Komplexität des Themas wird dies eine Serie von mehreren Blog-Beiträgen:
- Teil 1: Herausforderungen und grundlegende Strategieempfehlungen
- Teil 2: Personalarbeit professionalisieren; Attraktivität steigern, Abwanderung verhindern
- Teil 3: Ausbildung und Qualifizierung verstärken; Neue Fachkräftepotentiale erschließen
#1: Personalarbeit professionalisieren
Ausgangspunkt jeder betrieblichen Entscheidung sollte eine gründliche Analyse der Stärken und Schwächen des jeweiligen Unternehmens sein.
Dass die Personalverantwortung in KMU dabei heute in weiten Teilen auf Geschäftsleitungsebene angesiedelt ist, kann hierfür eine sehr gute Voraussetzung sein. Allerdings müssen die Inhaber oder Geschäftsführer dann auch erkennen, welche Bedeutung die betriebliche Personalarbeit für den Unternehmenserfolg hat und ihr die angemessene Aufmerksamkeit schenken.
Gut qualifiziertes und motiviertes Personal ist in den meisten Unternehmen heute bereits die entscheidende Ressource für den wirtschaftlichen Erfolg. Nur wenn Du die richtigen Leute an den richtigen Stellen beschäftigen (kannst), nur dann macht es für Dich als Unternehmer Sinn, über Sachinvestitionen, Marketingstrategien und Ablauforganisationen nachzudenken. Alles andere wäre Verschwendung von Ressourcen und stellt mittelfristig den Erfolg oder sogar die Existenz deines Unternehmens in Frage.
Um sich den Möglichkeiten einer stärkeren Professionalisierung der Personalarbeit in deinem Unternehmen zu nähern, solltest Du als Personalverantwortlicher ein Referenzmodell zugrunde legen, das Dir hilft, die Stärken und Schwächen in deinem betrieblichen Umfeld zu erkennen und die notwendigen Veränderungen in den verschiedenen Kompetenz- und Gestaltungsfeldern effektiv angehen zu können. Die Deutschen Gesellschaft für Personalführung hat exemplarisch ein solches Schema erstellt (Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (Hrsg.): Dr. Sascha Armutat: Führungskräfte als Personalmanager – Personalmanager in neuer Rolle. In: PraxisPapier 5/2009. Düsseldorf 2009).
Idealerweise umfasst die professionelle Personalarbeit nicht nur eine strategische Ausrichtung, sondern auch die Umsetzung durch geeignete Instrumente und Methoden und die klare Festlegung von Verantwortlichkeiten und Abläufen.
Und hier liegt (leider) oftmals die entscheidende Herausforderung für kleine und mittlere Unternehmen: Weil der verantwortliche Inhaber/Geschäftsführer sich eher als Fachexperte in seinem Beruf versteht, scheut er davor zurück, sich dem komplexen Thema der betrieblichen Personalarbeit zu nähern. Hinzu kommt die weitverbreitete – aber falsche – Auffassung, dass der richtige Umgang mit Menschen/Mitarbeitern Alltagswissen ist oder man dies sowieso nicht lernen könnte bzw. müsse.
Daher empfehle ich Dir:
- nehme Dir sich als Verantwortlicher ausreichend Zeit für die betriebliche Personalarbeit.
- analysiere dein Unternehmen anhand eines Referenzmodells und identifiziere die Stärken und Schwächen.
- lege eine Strategie zur Fachkräftesicherung für dein Unternehmen fest, setze Dir entsprechende SMARTE Ziele.
- suche Dir für die Auswahl geeigneter Instrumente und Methoden und die operative Umsetzung professionelle Unterstützung.
Die Innung oder Kreishandwerkerschaft (oder außerhalb des Handwerks andere Arbeitgeberverbände) bieten hier häufig gute Einstiegs- und Servicemöglichkeiten. Über die entsprechenden Angebote der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg kannst Du Dich hier informieren.
#2: Attraktivität steigern, Abwanderung verhindern
Für neue Mitarbeiter sind vor allem Karriereperspektiven, Weiterbildungsmöglichkeiten, Führungsstil, Vergütung(ssysteme), Arbeitszeit(modelle), Unternehmensimage und Standortbedingungen von Bedeutung.
Aber kannst Du darüber hinaus die Frage präzise beantworten, wieso ein potenzieller Mitarbeiter gerade in deinem Betrieb anfangen sollte oder warum ein Mitarbeiter den Abwerbungsversuchen der Konkurrenz widerstehen sollte?
Wenn ja, nutze die von Dir identifizierten Punkte zum Auf- und Ausbau einer starken Arbeitgebermarke, mit der Du sich auf dem hart umkämpften Stellenmarkt individuell präsentieren kannst.
Stelle als kleiner oder mittlerer Betrieb die Vorteile der kurzen Entscheidungswege, des direkten Zugangs zum Chef und des familiären Betriebsklimas heraus.
Nutze dabei auch die Unterstützung externer Dienstleister, wie Du dies ggf. bereits für deine Produktwerbung machst. Wende sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen auf, um dich bzw. deine Firma als Arbeitgebermarke ins Bewusstsein möglicher Bewerber zu bringen.
Auch die Innungen, Kreishandwerkerschaften, berufsständische Vereinigungen, Verbände und Kammern haben zum großen Teil erkannt, dass Berufsmarketing wichtig ist. So ist z. B. ein Schwerpunkt der bundesweiten Imagekampagne des Deutschen Handwerks bewusst darauf gerichtet, Jugendliche von den Möglichkeiten und Chancen einer handwerklichen Ausbildung zu überzeugen. Nutze diese überregionalen und überbetrieblichen Kampagne für deine Berufsmarketingaktivitäten und ergänze diese durch deine unternehmensindividuellen Gesichtspunkte, so hebst Du dich von den Mitbewerbern ab und kannst gleichzeitig die Schlagkraft einer großen Kampagne nutzen.
Auch die frühzeitige und intensive Kontaktaufnahme zu Schulen, Vereinen, Schülerinnen und Schülern, Lehrern, Eltern und anderen gesellschaftlichen Gruppen kann eine Strategie darstellen, um für dich als Arbeitgeber Werbung zu machen. Gerade örtliche Vereine können in diesem Zusammenhang für Dich aber auch deshalb von Interesse sein, weil Du deren Angebote nutzen kannst, um hieraus ein Paket von Sonderleistungen für deine Mitarbeiter zu schnüren. In Abstimmung mit deinem Steuerberater solltest Du einmal prüfen, welche Leistungen, z. B. durch Sportvereine im Kontext der betrieblichen Gesundheitsförderung, Du „einkaufen“ und an deine Mitarbeiter weitergeben kannst.
Neben den Bemühungen um neue Mitarbeiter solltest Du selbstverständlich auch die Bedürfnisse deines aktuellen Mitarbeiterstamms nicht vernachlässigen. Auch hier können bedarfsgerechte, finanziell oftmals wenig aufwendige Sonderleistungen helfen, die Zufriedenheit zu erhalten und Abwanderungen zu verhindern. Häufig hilft schon ein Gespräch, um die besonderen Befindlichkeiten eines langjährigen Mitarbeiters zu erfahren und dann gemeinsam nach einer passgenauen Lösung zu suchen. Denn so zeigst Du Wertschätzung und bietest individuelle, lösungsorientierte Unterstützung an, die ein Großunternehmen in dieser Form ggf. gar nicht oder nicht so schnell umsetzen kann.
Mache dir sich zum Vorteil, dass Du dich auf der Suche nach diesen Lösungen nicht auf die bekannte Palette der Mitarbeiterbindungsinstrumente beschränkst, sondern zunächst offen für Neues bist.
Daher empfehle ich Dir:
- analysiere dein Unternehmen auch einmal bewusst aus Bewerber- bzw. Mitarbeitersicht. Liste auf, wo Du mehr bieten (kannst) als konkurrierende Arbeitgeber – nicht nur finanziell.
- mache zielgerichtete Werbung für dich als Arbeitgeber, baue eine regionale Arbeitgebermarke auf.
- nutze den Kontakt zu örtlichen Vereinen, Schulen und anderen gesellschaftlichen Gruppen, um Werbung für dein Unternehmen als Arbeitgeber zu machen und Sonderleistungen für deine Mitarbeiter anbieten zu können.
- entwickele im persönlichen Kontakt zu deinen Mitarbeitern passgenaue Bindungsinstrumente, in dem Du diese auf die individuellen Problemlagen der Mitarbeiter und die spezifischen Möglichkeiten deines Betriebes zuschneidest.
PS: Dieser Blog-Post beruht auf einem Text, den ich bereits im Jahr 2012 für die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg veröffentlicht habe.
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