Viele von Euch standen in den letzten Wochen sicherlich auch vor der Situation, dass sie ihre eigene Rückschau auf das Jahr 2018 und die wesentliche Zielplanung für 2019 abgeschlossen hatten (siehe hierzu auch: Zwischenruf #3 – Die Suche nach Antworten geht weiter).
Da die Situation in der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg zurzeit aufgrund verschiedenster Umstände – auf die ich hier nicht näher eingehen kann und will – sehr speziell ist, ergab sich für mich daraus die Frage: Wie vermittele ich meine Gedanken zum Jahresauftakt 2019 unter diesen Umständen an meine Kolleginnen und Kollegen?
Dazu muss man wissen, dass wir uns mit allen Kolleginnen und Kollegen regelmäßig zu Beginn eines Quartals zu einem gemeinsamen Frühstück treffen und dort eine kurze Vor- und Rückschau halten (siehe hierzu auch: Warum jährliche Mitarbeitergespräche Zeitverschwendung sind!).
In der Regel trage ich dann vor und moderiere die anschließende Fragerunde. Immer mal wieder ergänzen auch andere Kolleginnen und Kollegen die Runde durch kurze Sachbeiträge.
Diese Gelegenheit habe ich nun im Januar genutzt, um untenstehende Worte an mein Team zu richten.
In diesem Beitrag werde ich Dir nicht nur einen tiefen Einblick in meine Welt gewähren sondern auch 8 ganz konkrete Erfahrungen präsentieren, die Dir helfen, deine Mitarbeiteransprachen zu optimieren.
Meine Rede zum Jahresauftakt
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
2018 war ein sehr erfolgreiches Jahr für die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg. Dafür habe ich Euch allen und einigen im Besonderen schon auf der Weihnachtsfeier Danke gesagt.
Ein „Danke“, das auch von Herzen, vor allem aber vom Kopf kam. Denn 2018 war auch ein sehr anstrengendes Jahr für die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg.
Gedanken formen Realität!
Personelle und organisatorische Umstellungen haben 2018 zu Verunsicherungen in unserem Team beigetragen. Große Projekte wie die weitere Digitalisierung, das integrale Entwicklungskonzept oder die Förderung durch den Landkreis haben auch bei mir dazu geführt, dass ich Anderes – wohl nicht minder Wichtiges – aus den Augen verloren habe.
Oftmals hatte ich vor allem in Personalfragen den Eindruck, an der einen Stelle ein Feuer zu löschen, um gleich darauf festzustellen, dass an einer anderen Stelle neue Flammen auflodern. Dabei fehlte mir, wie z. B. beim Thema richtliniekonforme ÜLU-Zeiten oder Resturlaub, häufig auch noch das Verständnis dafür, das andere die Situationen anders beurteilten als ich. Und das führte bei mir zu negativen Gedanken, die meine Realität formten.
Heute will ich mich bei denen entschuldigen, die sich von mir im letzten Jahr zu Unrecht kritisiert fühlen und denen ich negative Gedanken in den Kopf gesetzt habe. Verzeiht aber seid versichert, in keinem Fall war es meine Absicht Euch als Person herabzuwürdigen oder Euch zu schaden.
Gedanken formen Realität!
Über die Feiertage und den Jahreswechsel habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht. Ich habe mich sehr intensiv mit meiner Realität auseinandergesetzt. Denn ehrlich gesagt habe ich nach diesem einerseits extrem erfolgreichen und andererseits so anstrengenden Jahr 2018 keinerlei Lust darauf, so etwas nochmal zu erleben!
Gedanken formen Realität!
Aber was formt die Gedanken?
Fragen formen Gedanken formen Realität!
Deshalb habe ich mich gefragt: Was muss ich dafür tun, das 2019 für die Kreishandwerkerschaft mindestens so erfolgreich aber deutlich weniger anstrengend wird als 2018?
Und um es gleich vorweg zu nehmen, ich bin mir sicher, noch nicht alle Antworten auf diese Frage gefunden zu haben. Denn richtig gute Fragen – im Sinne von wirklich etwas bewegende Fragen – zeichnen sich dadurch aus, dass man die Antworten (noch) nicht kennt.
Aber einige Antworten habe ich für mich gefunden und die will ich heute gern mit Euch teilen:
1. Ich muss mich noch mehr auf das Positive fokussieren und gleichzeitig mehr Abstand zu negativen Einflüssen bekommen!
2. Ich muss zur Umsetzung meiner Vision für die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg strategisch noch mehr nach vorne denken und darf auch vor weitreichenden Entscheidungen keine Angst haben!
3. Ich muss Euch in die Lage versetzen, meiner Führung auf diesem Weg zu vertrauen!
4. Ich muss Euch wieder stärker vertrauen, dass ihr meine Entscheidungen mittragt und umsetzt!
Dann habe ich mich gefragt: Was muss ich dafür tun, dass diese vier Gedanken Realität werden?
Und auch darauf habe ich bisher nur erste Antworten gefunden, die ich auch gern mit Euch teile:
1. Die Zusammenarbeit mit dem Vorstand, vor allem aber mit Jens und Dennis (Anm.: zwei Kollegen in der Geschäftsleitung) wird noch weiter intensiviert. Gerade die großen Fragen zur Zukunft der Kreishandwerkerschaft und des Cloppenburger Handwerks insgesamt werden wir in diesem Kreis stellen und beantworten. Mein Vertrauen darin, dass wir als Führungsteam langfristig die richtigen Antworten finden werden ist dabei grenzenlos.
2. Das Grundsatzpapier zur Zusammenarbeit in der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg ist eine grandiose Beschreibung meiner Vision für das Unternehmen, das ich in den nächsten Jahren leiten möchte. Mein Führungsstil muss sich noch intensiver auf diese Grundsätze konzentrieren. Mein Vertrauen darin, dass die meisten von Euch diese Vision teilen können und auch Bock darauf haben, in einem solchen Unternehmen zu arbeiten ist ebenfalls unerschütterlich.
3. Da dies so ist, folgt daraus aber unweigerlich, dass ich mich weniger in Eure operative Arbeit einmischen darf, dass ich noch mehr Arbeit delegieren muss und dass ich die Kontrollen Eurer Arbeit auf die gesetzlichen Vorgaben und die Überprüfung des Outcomes beschränken muss. Ich muss Euch also noch mehr Verantwortung übergeben.
4. Um diese Handlungen in einer sich ständig ändernden Welt kurz-, mittel- und langfristig zielgerichtet vollziehen zu können, muss ich mich weiterbilden. In 2019 werde ich mich intensiv mit den Themen Leadership, digitales Marketing, Produktentwicklung und digitales Lernen befassen.
5. Und last but not least, lade ich Euch alle ein, mit mir und unter meiner Führung an der Beantwortung folgender Fragen mitzuarbeiten:
Was muss ich tun, damit der Landkreis Cloppenburg auch in Zukunft als starke Handwerksregion boomt?
Fragen formen Gedanken formen Realität!
* Es geht also nicht darum, was ANDERE tun müssen.
* Es geht nicht darum, was Du tun KANNST.
* Es geht nicht darum, was DICH oder MICH weiterbringt.
* Es geht darum, was JEDER EINZELNE VON UNS im TEAM MIT DEN ANDEREN für DAS HANDWERK im Landkreis Cloppenburg TUN MUSS, um die ZUKUNFT DER REGION zu sichern.
Ich habe Bock darauf, diese Mission mit denjenigen von Euch zu bestreiten, die meine Vision teilen.
Denen, die mitziehen, verspreche ich, dass
* wir gemeinsam eine geile Zeit haben werden,
* wir die Zukunft der Handwerksorganisation und der Berufsbildung im Handwerk verändern werden,
* ich mit Euch und für Euch durchs Feuer gehe, denn es wird viele innere und äußere Widerstände auf diesem Weg geben.
Also lasst unsere Fragen unsere Gedanken formen damit unsere Gedanken die Realität formen. Nicht nur unsere sondern auch die der anderen.
Dr. Michael Hoffschroer, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg
Was diese bereits ausgelöst hat
Zum Ende der Rede bin ich durchaus emotional geworden. Die Kollegen und Kolleginnen haben das gemerkt und haben mit kurzem Applaus meine brüchige Stimme gestützt.
Ein Signal, dass mir gezeigt hat, dass ich zumindest einige von Ihnen erreicht habe. Insgesamt war es während meines Vortrags im Raum immer stiller geworden. Konzentriert hörten alle zu. Immer wieder nickte jemand oder schaute leicht irritiert auf, um gleich darauf wieder fokussiert zuzuhören.
Auch nach dem letzten Satz herrschte zunächst einige Sekunden Stille. Bevor die Kollegen diese Stille durch Klatschen bzw. auf den Tisch klopfen durchbrachen. Meine Hoffnung war, dass Sie dadurch nicht nur höfliche sondern bewusste Zustimmung signalisieren wollten.
In jedem Fall setze ich mich dann hin, trank meinen Kaffee und aß mein Brötchen in dem Wissen, dass ich an diesem Vormittag das getan hatte, was aus meiner Sicht das Richtige war und dass ich das in meinen Augen auch richtig gut getan hatte.
Einige Reaktionen meiner Kolleginnen und Kollegen im Nachgang dieses Mitarbeiterfrühstückes haben mir dann auch schon gezeigt, dass etwas Bewegung ins Team gekommen ist. Sei es das Buch, das mir eine Kollegin empfohlen hat (Das Kind in Dir muss Heimat finden, Stefanie Stahl) oder die zustimmenden Wort auf dem Flur oder die empathischere und motiviertere Rückmeldung zu einer Anfrage.
Aber sicherlich wird es meine Aufgabe sein, den angestoßenen Prozess jetzt auch am Laufen zu halten, indem ich die oben festgestellten Antworten auf meine Fragen nun auch umsetze. Und indem ich weitere Antworten auf die gestellten Fragen suche und auch finde.
Als einen der ersten Schritte in diese Richtung habe ich das Redemanuskript knapp eine Woche nach der Ansprache nochmals schriftlich an alle Kollegen verschickt. Neben dem Wiederholungseffekt versetze ich meine Mitarbeiter damit in die Lage, das Gehörte mit dem Gesagten abzugleichen und damit ggf. Missverständnisse zu verringern.
Diese Rede war auch für mich persönlich wichtig. Denn zum einen habe ich meine Gedanken beim Schreiben fokussiert und zum anderen konnte ich mir auch einige Dinge „von der Seele“ reden.
Außerdem habe ich mich selber davon überzeugen können, dass meine (über)kritischen Gedanken (nach dem Motto: das versteht sowieso keiner richtig, ich verhasple und blamiere mich, die hauen hinterher alle in den Sack) wieder einmal nicht eingetreten sind.
Und was Du daraus lernen kannst
Selbstverständlich kannst Du das Setting und die Ansprache nicht 1:1 auf Dein Unternehmen übertragen. Dennoch bin ich sicher, dass Du aus meiner Erfahrung etwas lernen kannst.
Was sind also meine wichtigsten Learnings, die ich Dir gern mit auf den Weg geben will:
- Der Jahresauftakt ist ein geeigneter Zeitpunkt, um das Team an die Grundsätze des Unternehmens und der Zusammenarbeit zu erinnern. Trenne dabei die Rückschau auf das vergangene von dem Ausblick auf das neue Jahr – auch terminmäßig.
- Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen – verdeutliche durch die Variation des Rahmens/Settings und der Art der Ansprache, die Bedeutung der Situation.
- Beginne Deine Ansprache mit einem Dank und betone die Erfolge, dann gelingt es Dir im folgenden besser, kritische Themen anzusprechen und Potentiale zu heben.
- Zeige und erzeuge persönliche Betroffenheit – Emotionen sind ein starker Motivator und bilden damit die Brücke von der Rede zur Umsetzung.
- Baue konkrete Beispiele und Situationsbeschreibungen ein, damit aus abstrakten Ideen und Erwartungen klare Bilder in den Köpfen der Mitarbeiter werden
- Finde ein Motto für Deine Ansprache und verfolge diesen roten Faden konsequent, damit Deine Kollegen die Struktur der Ansprache nachvollziehen können.
- Bleibe dran! Führung ist eine Prozess, insofern kann eine Ansprache zum Jahresauftakt nur ein Baustein von vielen sein.
- Transparenz, Offenheit und Vertrauen werden langfristig belohnt.
Ich werde Euch auf dem Laufenden halten, was aus diesem Anfang wird. Einverstanden? Eure Anregungen und Hinweise gern in den Kommentaren.
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